Anekdotisch Evident

Kultur und Wissenschaft durchs Prisma der Plauderei

Heuchelei und Zufriedenheit

| 4 Kommentare

Alexandra und Katrin haben beide Sophie Passmanns Buch „Pick me-Girls“ gelesen und diskutieren diesmal über zwei Themen, die sie dabei besonders angesprochen haben: Bei Alexandra ist es die Heuchelei, bei Katrin die Zufriedenheit. Wie das zusammenpasst?

Heuchelei

Nicht ehrlich zu sagen, was man denkt, die eigene Meinung lieber hinter dem verstecken, was als gesellschaftlich akzeptabel gilt – und sich dabei einen Vorteil erhoffen: Heuchelei ist verführerisch und allgegenwärtig. Sie kann den Alltag leichter machen. Sie birgt aber auch eine Gefahr: Wenn alle das Spiel der Heuchelei mitspielen und ihre eigene Wahrheit nicht mehr aussprechen, sind Unfreiheit und Diskursarmut die Folge. Wenn wir es wagen, der Heuchelei zu widerstehen, eröffnen sich neue Räume für Austausch und Wahrhaftigkeit. Ein Wagnis, das Sophie Passmann einen Shitstorm nach dem anderen beschert – Alexandra aber zutiefst beglückt. Denn nach Wahrhaftigkeit ist sie geradezu süchtig!

Zufriedenheit

Was kann das Patriarchat einer zufriedenen Frau anhaben? – Diese Frage stellt Sophie Passmann in „Pickme-Girls“ und rechtfertigt mit der Suche nach der eigenen Zufriedenheit diverse fragwürdige Zwischenstationen in ihrem Leben. Gefunden hat sie ihre vollkommene Zufriedenheit bisher nicht – aber sie ist ihr doch näher gekommen. Wenn Zufiedenheit und wahrlich frei macht, wie erreichen wir sie dann? – Diese Frage haben schon die großen griechischen Philiosophen zu beantworten versucht. Nur sprachen sie nicht von Zufriedenheit, sondern von „Eudaimonie“. Ein Zustand, dem Selbstzufriedenheit zumindest innewohnt und der weder durch Substanzen, noch durch Geld herbeigeführt werden kann.

Am Ende merken wir: Zufriedenheit und Wahrhaftigkeit gehen Hand in Hand.

Links und Hintergründe

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4 Kommentare

  1. Ich fänds ja mal hilfreich, wenn Alexandra mit Zitaten arbeiten würde, wenn sie Feministïnnen heuchlerische Reaktionen auf Passmann vorwirft. Von dem was ich mitbekommen habe, ist das ne verkürzte und zugespitzte Darstellung der Reaktionenen, und ohne diese Verzerrung würde der Punkt gar nicht erst funktionieren.

    Das Gleiche passierte auch schon, als sie Rowling in diesem einen Witch Trials Podcast gelobt hatte und auf Nachfrage hatte sie dann alles ganz anders gemeint.

    Ich halte das für keinen sinnvollen Diskussionsstil, wenn man sich selbst ne Front konstruiert, gegen die man dann tolle Punkte anbringt, die aber wenig mit der Realität zu tun hat. Die Kritik an Passmann war doch viel nuancierter und vielschichtiger, als es bei Alexandra klingt.

    • ich kann dir gern ein ganz konkretes Beispiel nennen: https://twitter.com/IsoldeRuhdorfer/status/1699738740355187175
      Die Kritik beruht auf einer Aussage, die Passmann so nicht getätigt hat – sprechen wir auch im Podcast an. Die ZEIT hat in ihrem Tweet einen Zusammenhang hergestellt, der im Text nicht gemacht wird.
      Ein weiteres Beispiel stammt von Bluesky, das ich aufgrund der hohen Postfrequenz des Users jetzt nicht wiederfinden kann. Aber auch das spricht Alexandra im Podcast konkret an: dass Passmann sich nicht vorstellen konnte, dass zB Catcalling scheiße ist – weil sie es nicht erlebt hat. Der Zusammenhang war dann: «Ich weiss, dass ich heute besser aussehe, weil ich heute oft sexuell belästigt werde» – so hat Passmann es gesagt und der Shitstorm war auch hier enorm.
      Beides VOR der Veröffentlichung des Buches.
      Ein weiteres Beispiel ist ein feministischer Buchpodcast, der ad hominem über Passmann spricht, ohne sich überhaupt die Mühe gemacht zu haben, das Buch zu lesen.
      Und auf twitter, könnte ich etliche andere Beispiele raussuchen – ich habe mich tagelang für „meine Bubble“ geschämt, weil das, was da teilweise passiert ist, sich sehr nach Mobbing angefühlt hat. Und gleichzeitig parallel das Buch zu hören, wo sie ihre vorherigen Shitstorms schildert – das hat weh getan. Der Umgang mit ihr ist einfach scheiße. Und völlig losgelöst von den Inhalten des Buches – das meines Wissens von den besonders lauten niemand gelesen hat. Aber dafür gesorgt, dass es im Buchladen nicht in der Sparte „Jugendliche“ stehen soll.
      Den Zusammenhang mit dem J. K. Rownling-Podcast verstehe ich auch nicht – das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun.

  2. Alexandra kennt es wahrscheinlich
    ‚Herrgottsbscheisserle‘ das sind Teigtaschen gefüllt mit Fleisch um am Freitag Fleisch essen zu können bei den Christen.
    Auch dass der Biber mehr im Wasser lebt und somit ein Fisch ist gehört hier wohl auch dazu.

  3. Ich muss Alexandra da mal für ihren Mut danken! Mir geht das mit der Heuchelei sehr ähnlich – insbesondere im Feminismus. Heuchelei geht für mich immer mit einem Mangel an Selbstkritik einher und auch das ist gerade im Netzfeminismus leider ein verbreitetes Problem, finde ich.

    Warum ist es ein Problem? Wie Alexandra sagt: Weil es dem Feminismus selbst schadet. Wenn man nicht selbstkritisch ist, gibt es keinen Fortschritt. Da ist der Gender Pay Gap, der allein als politisches Problem und allein in der Verantwortung der Männer gesehen wird – gleichzeitig sehe ich aber in meinem Umfeld haufenweise Frauen, die nun mal als Kommunikationswissenschaftlerinnen, Soziologinnen oder Kunsthistorikerinnen keinen Job finden, mit dem sie ihre Familie ernähren können und dann ihrem Ingenieursmann vorwerfen, dass er so viel arbeitet. Oder ich erlebe, wie Männer in Krabbelgruppen als Mansplainer angegangen werden, weil sie dem Homöopathie-Blödsinn der Hebamme kritisieren. Oder ich erlebe, wie Mütter untereinander einen irrsinnigen Konkurrenzdruck um „die beste Biomammi“ oder den aufwendigsten Kindergeburtstag aufbauen. Wie vor allem Frauen über das Aussehen anderer Frauen lästern (während Männern das oft deutlich egaler zu sein scheint). Oder über die Geburts- und Stilerfahrungen anderer Frauen lästern. Oder ich erlebe eben auch zahlreiche Feministinnen die sich dann trotzdem als transfeindlich erweisen – angeblich um uns Frauen zu schützen, in Wirklichkeit aber, weil man Angst um die eigene Deutungshoheit hat.)

    Die Liste kann ich endlos lange fortsetzen. Das ewige unspezifische Gerede vom Patriarchat geht mir da tierisch auf die Nerven. Die Tatsache, dass im Feminismus immer alles auf die Gesellschaft und auf die anderen projeziert wird, aber Selbstkritik und das eingestehen von Fehlern und Schwächen innerhalb der Frauen und Feminist*innen keine Kultur hat, ist ein Problem, das dann eben zu Heuchelei führt.

    (Ja: Es ist nicht das größte Problem gegen das man als Feminist*in kämpfen muss. Aber es ist ein Problem, das dem Feminismus im Weg steht. Wo Heuchelei niemand weiter hilft…)

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