Anekdotisch Evident

Kultur und Wissenschaft durchs Prisma der Plauderei

Zweifel

| 8 Kommentare

Der Zweifel hat keinen guten Ruf. Er ist als Spielverderber, als Spaßbremse und Hindernis verschrieen, zumindest bei allen, die ihre Ideen brühwarm verwirklichen wollen und die nichts so sehr fürchten wie die Unsicherheit. Ein Blick in die Geschichte zeigt jedoch, dass der Zweifel Erfolge viel häufiger ermöglicht statt verhindert.

Wer zweifelt, sieht immer mehrere Möglichkeiten. Zweifel halten uns flexibel und offen. Sie führen zu Verbesserungen und schützen uns davor, mit zu viel Eifer gegen die Wand zu fahren. Im Zweifel für den Zweifel? Nein, denn Selbstzweifel können schnell in Selbstverachtung umschlagen, und das Ergebnis von zu viel Zweifel kann auch die totale Lähmung sein. Möge diese Folge euch helfen, das rechte Maß zu finden!

Wikipedia: Der ungläubige Thomas 

Wikipedia: Konformitätsexperiment von Asch 

Republik.ch: Erstmals spricht der Uno-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, über die brisanten Erkenntnisse seiner Untersuchung im Fall von Wikileaks-Gründer Julian Assange.

Deutschlandfunk: Hans Rosling: Factfulness

Fischerverlage: Harald Welzer: Selbst denken – Eine Anleitung zum Widerstand

YouTube: School of Life: Selbstzweifel und das Hochstapler-Syndrom

Wikipedia: Karl Popper

Wikipedia: Methodischer Zweifel

Der blaue Reiter – Journal für Philosophie

Ullstein: Die positive Kraft des Zweifels

 

Wenn euch anekdotisch evident gefällt, dann schmeißt doch ein paar Euro in einen unserer Hüte – das hält das Angebot am Leben.

8 Kommentare

  1. Hallo ihr zwei!
    Wollte schon mal Danke sagen, da ich per Überweisung supporte ist es super, dass ich den Nachschlag nun wieder kriege. 🙂
    Bezüglich der Assange-Sache ging es allerdings noch weiter. https://www.spiegel.de/politik/ausland/julian-assange-opfer-von-wikileaks-gruender-kritisiert-uno-folterexperten-nils-melzer-a-5d1882b7-945f-42fd-a7a0-ec3012dd886b
    Es ist aber mE klar ersichtlich, dass die Anschuldigungen der Frau als Mittel zum Zweck missbraucht wurden, um Assange wegen anderer Dinge klein zu kriegen. Er hätte die Chance auf ein faires Verfahren haben müssen. Vergewaltigungsanschuldigungen zu benutzen um jemanden wegen etwas anderem zu kriegen ist absolut widerlich. Vergewaltigungen sind keine Justiztricks. Das geht generell ziemlich unter. Ist jetzt auch nur meine Meinung auf Basis der eingeschränkten Datenlage.

    • danke, Anna.
      Ich sehe das grundsätzlich genauso. Es gab ja nun im US-Wahlkampf auch Anschuldigungen wegen sexueller Belästigung gegen Joe Biden – da sieht man dann, wie schnell sowas potentiell politisiert und missbraucht werden kann.
      Und was mich daran am meisten ärgert: jede solche Geschichte macht jedes tatsächliche Opfer sexualisierter Gewalt ein bisschen unglaubwürdiger. Das regt mich so auf!
      naja

  2. Das Thema habt Ihr wie immer super aufbereitet. Vielen Dank dafür. Anfangs war es mir fast zu sehr ein Loblied auf den Zweifel, aber das hat sich im laufe des Podcasts feiner ausdifferenziert. Ich wollte nur noch eine Textstelle von Luhmann einbringen die auch perfekt zum Thema passt. Hab davon leider nur ein Foto einer Buchseite über twitter erhalten und kann deshalb nicht die Fundstelle nennen. Hier das Zitat:

    „Die qualitative Unterschiedlichkeit und funktionale Äquivalenz von Vertrauen und Mißtrauen klärt sich, sobald man auf die Funktion des Vertrauens achtet. Vertrauen reduziert soziale Komplexität, vereinfacht also die Lebensführung durch Übernahme eines Risikos. Fehlt die Bereitschaft dazu oder wird Vertrauen ausdrücklich verneint, um die Risiken einer voreiligen Absorption von Unsicherheit zu vermeiden, ist damit allein das Problem noch nicht gelöst. Die Funktion des Vertrauens bliebe so unerfüllt. Wer sich nur weigert, Vertrauen zu schenken, stellt die ursprüngliche Komplexität der Geschehen Möglichkeiten wieder her und belastet sich damit. Solches Übermaß an Komplexität überfordert aber den Menschen und macht ihn handlungsunfähig. Wer nicht vertraut, muß daher, um überhaupt eine praktisch sinnvolle Situation definieren zu können, auf funktional äquivalente Strategien der Reduktion von Komplexität zurückgreifen. Er muß seine Erwartungen ins Negative zuspitzen, muß in bestimmten Hinsichten mißtrauisch werden. Diese negativen Strategien geben dem Mißtrauen jenes emotional gespannte, oft krampfhafte Naturell, das es vom Vertrauen unterscheidet. Ihr Repertoire reicht von der Definition des Rollenpartners als Feind, der bekämpft werden muß, über ein grenzenloses Ansammeln eigener Reserven für Notfälle bis zum Verzicht auf alle abschreibbaren Bedürfnisse. Kampfstrategien, Liquiditäts Strategien oder Verzicht Strategien machen eine mißtrauische Lebensführung durchführbar und definieren ihre Situation so, daß in dem abgesteckten Rahmen zweckrational gehandelt werden kann. Dabei geht dann nicht selten das Bewußtsein des Mißtrauens verloren und die ihm zugeordneten Reduktionsstrategien werden als gewohnte Lebensauffassung, als Routine verselbständigt. Auch Mißtrauen leistet somit Vereinfachung, oft drastische Vereinfachung. Wer mißtraut, braucht mehr Informationen und verengt zugleich die Informationen, auf die zu stützen er sich getraut. Er wird von weniger Informationen stärker abhängig, Damit gewinnt die Möglichkeit, ihn zu täuschen, wiederum an Berechnenbarkeit. Dies gilt besonders, wenn das Mißtrauen auf positive Erwartung nachhaltigen Handelns zugespitzt wird. „

    • Das Zitat ist perfekt in seiner Dichtheit. Vielen Dank dafür!!!

    • Love it – Luhmann wie immer in seinen trockenen Analyse on the point!
      Habe leider auch keine Ahnung, wo das herkommen könnte. Könnte es „Legitimität durch Verfahren“ sein? Thematisch könnte es vielleicht passen.

  3. Schöner Beitrag von euch! Habe Karl Popper in meinem Bildungswissenschafts-Master-Studium kennengelernt, als wir Wissenschaftstheorie als Modul hatten. War sehr spannend und der Dozent kam aus dem Ethik/Philosophiebereich – habe selten so viel fürs Leben gelernt wie da…

  4. Ich bin im Moment in einer Phase, in der ich aus dem großen Zweifel keinen Mehrwert, z.B. in Form von Neugier mehr schöpfen kann. Wenn ich eins weiß, dann, dass der große Zweifel niemals Ruhe gibt und alle Fakten, wenn ich sie denn horten würde und könnte (ich habe nämlich zum Zweifel noch eine große Portion Vergesslichkeit gratis dazubekommen), nur als Dekorationsobjekte an der Seite stehen würden. Ich habe tief geseufzt, als ihr über diese „Meinungen“ geredet habt! Zumindest wenn es nicht um grundsätzliches menschliches geht, bilde ich mir am liebsten gar keine, weil ich mich immer in Gefahr wähne, von der unendlichen Informationsmaschinerie verschlungen zu werden, sobald ich anfange, mir alle zur Meinungsbildung notwendigen Fakten zu holen.

    Ich kann aus der Ferne betrachtet ähnlich wie ihr auch nur Gutes über den Zweifel sagen, mich persönlich bringt er aber schon lange zum Stillstand. Es ist nicht mehr möglich, authentisch im Alltag zu kommunizieren, weil Small- und Mediumtalk kein Innehalten und Stocken erlaubt. Big Talk hatte ich schon lange nicht mehr, er würde für mich aber wahrscheinlich aus langem Schweigen bestehen. Sich für etwas tiefer zu interessieren scheint fast eine Übersprungshandlung (über was auch immer) zu sein, denn irgendwie ist doch alles potentiell ähnlich relevant oder spannend. Und dann sich selbst gegenüber: An seinen eigenen Fähigkeiten zu zweifeln wird irgendwann zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Und sich verlieben? Was sind das für Motivationen dahinter, kann ich denen vertrauen?

    Aus Trotz schicke ich diesen Text jetzt mal trotzdem ab, obwohl ich stark an ihm zweifel

  5. Hallo ihr beiden,

    höre euren Podcast schon länger und meine Steadyunterstützung habt ihr.
    Ein kleiner Nachtrag zu Alexandras Bemerkung der Computer kennt nur 0 und 1.
    Bei der AI/KI Bilderkennung wird mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet.
    https://pyimagesearch.com/wp-content/uploads/2017/11/image_classification_keras_header.jpg

    Wenn ein Objekt also nicht zu 100% erkannt wird, dann liegt es am Programmierer welches Ergebnis daraus folgen soll.
    Um so mehr Trainingsdaten man hat je besser wird auch die Wahrscheinlichkeit.
    Die AI/KI ist aber derzeit auch mehr gehypt als sie wirklich kann.
    Ein Baby lernt Muster viel schneller und man muss einen Baby nicht 1000te verschiedene Dreiecke zeigen, damit es ein Quadrat von einem Dreieck unterscheiden kann.
    Also muss die KI-Technologie erstmal auf Babyniveau kommen.

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