Anekdotisch Evident

Kultur und Wissenschaft durchs Prisma der Plauderei

Ehrlichkeit

| 16 Kommentare

Ehrlichkeit ist eine Tugend, die Karrieren im Weg stehen kann, eine potenzielle Gefahr für Beziehungen darstellt, emotional häufig Überwindung kostet und manches Mal irrational erscheint in einer Welt, die mehr Wert auf Fassaden als auf Substanz legt. Doch Ehrlichkeit ist sehr viel mehr als der Verzicht auf beschönigende Lügen. Es geht vor allem um Integrität, Fairness, Anständigkeit und die Fähigkeit, moralisch das Richtige zu tun, auch wenn niemand hinsieht. Wir spüren der Ehrlichkeit nach: Wo begegnet sie uns als Bedrohung, wo als Anker, wo vermissen wir sie? Und warum fällt es eigentlich so schwer, ehrlich mit sich und der Welt zu zu sein?

Links und Hintergründe

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16 Kommentare

  1. Schöne Folge wie alle anderen auch. Darf ich evtl. Mal eine Folge zu „Freiheit“ vorschlagen? Ich hatte heute zufällig Gespräche mit zwei Unterschiedlichen Menschen und war fasziniert wie unterschiedlich deren und mein Freiheitsbegriff waren. Kommt wohl sehr auf die persönliche Biografie der einzelnen Personen an. Die erste Person wohlhabend und Politisch aktiv, die andere Person in der Schlange stehend bei der Suppenküche auf der Straße weil Obdachlos. Ich mittendrin mit Erfahrungen als Manager in der dot.com bubble, Obdachloser Arbeiter und nun wieder mit gutem Leben da Erbe. Danke für die tollen Denkanstöße!
    Grüße aus Dublin

  2. Hi,

    ich war etwas überrascht, wie Katrin Alexandras Pamphlet gegen das Gendern einfach so beiläufig abnickt und sich sogar noch ohne jeden Einwand dahinterstellt. Als Lila-Podcast-Hörer*in hat mich das nachhaltig irritiert.

    Besten Gruß
    Clementine

    • hallo,
      Vielleicht hast du es gehört: ich habe selber die ganze Zeit gegendert. Und werde das auch weiterhin tun, weil das ist meine Art und Weise zu sprechen. Und es ging in dieser Sendung ja aber gar nicht ums gendern. Sondern um Ehrlichkeit und insofern habe ich das an dem Punkt erst einmal nicht zu kommentieren. Oder auch die Haltung zu der Frage, wo jemand herkommt (wo ich auch eine andere Meinung vertrete).

      Und wo du den Lila Podcast ansprichst: das ist ja genau der Ort, an dem wir solche Dinge dann verhandeln. Aber wie gesagt, das war eben gerade nicht das Thema.

    • Also erstens war das kein Pamphlet (schmähendes Schriftstück), sondern ein Redebeitrag, in dem eine persönliche Wahrheit im Bewusstsein des Risikos, das damit einhergeht, preisgegeben wurde. Zweitens hat Katrin das weder abgenickt noch sich dahintergestellt, sondern allenfalls zur Kenntnis genommen, dass ich in dieser Frage zu anderen Schlüssen komme als sie und eine eigene Meinung vertrete. Warum das so ist und wie ich das im Einzelnen begründen würde war nicht Thema der Sendung. Der Kommentar ist aber ein schöner Beleg für meine These, dass Meinungsvielfalt im Internet kein geschätztes Gut, sondern eine irritierende Bedrohung ist.

  3. Danke für Eure schnelle Rückmeldung.
    Katrin hat allerdings wortwörtlich nach Alexandras Redebeitrag gesagt: „Da kann ich nur zustimmen“ (25:32).

    Alexandras Ehrlichkeit in diesem Kontext in allen Ehren, aber dieses glühende Contra gegen das Gendern ist wahrlich häufiger zu hören. Ich hatte wohl einfach gehofft,
    dass ein Mensch wie Katrin, die den Feminismus mit dem Lila Podcast quasi auf den Schultern trägt, sich nicht dazu hinreißen lässt, dem unwidersprochen zuzustimmen.

    • Naja, da Katrin in dieser Folge (wie auch überall sonst) durchgehend gendert, kann sich ihre Zustimmung nicht auf meine Haltung dazu bezogen haben. Vielmehr auf die Aussage, für die das Gendern und die Frage nach der Herkunft hier nur Beispiele waren: dass nämlich die „offizielle“ Wahrheit manchmal einfach nicht der persönlichen Wahrheit entspricht und es integrer ist, dazu zu stehen, statt die Storys der anderen nachzuplappern, nur um nicht ausgebuht zu werden.

  4. Ich hab mich gefragt ob Ijoma Mangold und Alexandra die Theorie des Othering (https://de.wikipedia.org/wiki/Othering) kennen und trozdem so über die Frage nach der Herkunft denken.

    Liebe Grüße

    • Natürlich kenne ich die Theorie und ich bin mir sicher, dass auch Ijoma Mangold als Intellektueller schon einmal davon gehört hat. Allerdings brauche ich keine Theorien, um meine Erlebnisse und Erfahrungen zu bewerten, vielmehr glaube ich, dass Theorien dem authentischen Erleben im Weg stehen können („Wer nen Hammer hat, sieht überall Nägel.“). Ich habe in meiner Kindheit wegen meiner polnischen Herkunft sehr viel Abwertung erfahren. Blöde Bemerkungen, vielsagendes Kichern, sehr direkte, sehr verletzende Kränkungen. Die Frage, wo ich herkomme, gehört aber nicht dazu, genauso wenig, wie für mein gutes Deutsch gelobt zu werden. Ich erkläre einfach geduldig, dass ich als Kind nach Deutschland gekommen bin und immer sehr viel gelesen habe. Spaß macht mir das nicht, aber eine gewisse Unbeholfenheit und Nervigkeit sind nun mal Teil jeder zwischenmenschlichen Kommunikation, umso mehr, je weniger man sich kennt. Wer behauptet, bei ihm sei es anders, dem glaube ich. Aber meine Erfahrungen nachträglich umzudeuten, nur damit sie in eine angesagte Theorie passen, macht für mich keinen Sinn. (Genauso wenig wie „ergibt Sinn“ zu sagen, nur weil Bastian Sick behauptet, „macht Sinn“ sei nicht korrekt.)

      • Danke für die spannende Antwort. Ich deute meine Erfahrungen gerne durch Theorien um. Nicht weils populär ist, aber um davon zu profitieren und weil es mich faziniert. Gut möglich das ich damit vorsichtiger sein sollte. Aber: Es wirft ein neues Licht auf meine gelebten Wahrheiten und meine Ehrlichkeit.
        Auch glaube ich nicht, dass die „orginäre“ Erfahrung höher zu bewerten oder wahrer ist als die umgedeutete

  5. Danke euch für eure schönen Gespräche. Jedesmal ein echter Gewinn, auch besonders diesem Thema nachzuspüren und differenziert über eine Ehrlichkeit zu sich selbst nachzudenken, und trotz Konformitätsdruck (gute Beispiele:Twitter) es auszuhalten, anders über eine Sache zu denken und zu fühlen und das dann sogar auszudrücken. Traurig allerdings, wenn bestimmte Verbindungen deswegen plötzlich unmöglich werden, vielleicht weil ein/e Jede/r in seiner Subjektivität verharrt wie in einem Gefängnis und das wichtiger oder schützender empfindet. Öfter mal über den Schatten des Egos zu springen ist leicht gesagt.. einfordern lässt es sich wohl nicht. Eine Übung für mich ist, notwendige Verbindungen trotz bewusster Unterschiedlichkeiten und manchmal sogar Schmerzen zu erhalten ohne sich dabei selbst etwas vorzumachen.

    • Ja, das ist ein sehr guter Punkt. Andere Meinungen akzeptieren, ohne sich davon persönlich angegriffen zu fühlen, den Kontakt und das Gespräch mit Anderen nicht gleich abbrechen, nur weil es für die eigene Position mal unbequem wird. Dazu gehört aber der Verzicht auf das gute Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen / im Recht zu sein. Was man dafür gewinnt, ist ein viel tieferes Verständnis der komplexen Wirklichkeit und dadurch eine gerechtere Perspektive, die unsere Verschiedenheit anerkennt und dem einzelnen Menschen auch einräumt, an verschiedenen Punkten seiner persönlichen Entwicklung bestimmte Ansichten und Überzeugungen zu haben, bestimmte Weltanschauungen und Temperamente an den Tag zu legen, die sich aus einer absolut einzigartigen Position ergeben. Es KANN NICHT nur eine einzige Geschichte geben, ein einziges Script. Selbst wenn Menschen die gleichen Erfahrungen machen würden, würden sie sie doch unterschiedlich bewerten und interpretieren. Danke jedenfalls für die Anregung, ich werde versuchen, das im Nachschlag weiter auszuführen.

  6. Danke für die spannende Antwort. Ich deute meine Erfahrungen gerne durch Theorien um. Nicht weils populär ist, aber um davon zu profitieren und weil es mich faziniert. Gut möglich das ich damit vorsichtiger sein sollte. Aber: Es wirft ein neues Licht auf meine gelebten Wahrheiten und meine Ehrlichkeit.
    Auch glaube ich nicht, dass die „orginäre“ Erfahrung höher zu bewerten oder wahrer ist als die umgedeutete.

  7. Hallo Frau Tobor,
    die Geschichte mit dem Buch würde ich nicht als ähnlich betrachten. Ich vermute, Ihnen ist das ganze deswegen so schwer gefallen, da Sie sich wahrscheinlich stark als Schriftstellerin identifizieren bzw. identifiziert werden. Somit gehört Bücherschreiben zu Ihrer Haupttätigkeit. Herr Klein hingegen wird eher als Podcaster und Moderator identifiziert und nicht als Schriftsteller, somit kann er fachfremde Tätigkeiten wie Bücherschreiben leichter ablehnen ohne sich der Thematik des Scheiterns groß stellen zu müssen. Mittlerweile sage ich mir auch bei manchen Dingen, wenn diese mir nicht so gelingen wie ich mir das vorstelle: „Muss ich das können? Ich mach doch hauptsächlich eigentlich etwas anderes!“ Damit lebe ich etwas entspannter. Bei Themen, die im Bereich meiner von mir eingeschätzten Kompetenz liegen, tue ich mich allerdings immer noch etwas schwer solche Eingeständnisse zu machen.
    Ansonsten vielen Dank an euch zwei für diese Folge, manche Punkte haben mich persönlich angesprochen.

  8. Hallo ihr zwei,
    interessante Folge wie immer. Ich weiß, ihr keine Vorschläge annehmt, aber vielleicht interessiert euch auch, was ihr zu den Themen Anerkennung (Honneth), Dankbarkeit (Simmel) und Resonanz (Rosa) zu sagen habt?
    Grüße, Tom

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